Schreibt der Pelikan M1000 wirklich supersmooth? Falls ja, wieso?
- Mislav Lukacevic

- 11. Juni 2024
- 5 Min. Lesezeit
Einer der Holy Grails, eine Füllfeder, der nachgesagt wird, dass sie zu den sanftesten Schreibern gehört...Pelikan Souverän M1000. Diese Aussage höre oder lese ich oft. Die Flexibilität der langen 18k Goldfeder soll zu einem butterweichen Schreiberlebnis beitragen. Doch wenn ich darüber nachdenke, hat mir noch nie jemand genaue Merkmale nennen können, die diese Feder so butterweich machen sollen. Handelt es sich um ein "weicheres Gold"? Hat die Feder des Pelikan M1000 ein Produktionsgeheimnis? Tragen die langen Schenkel dazu bei? Ist der Schliff aussergewöhnlich? Ist diese Feder tatsächlich so viel weicher als andere Federn?
Nachdem ich inzwischen verschiedenste Federn bearbeiten durfte (Pelikan, Montblanc, GvFC, Pilot, Platinum, Sailor, Lamy, usw....viele davon Goldfedern...aber auch einige Stahlfedern, ebenso auch ganz günstige Federn aus dem asiatischen Raum), habe ich da eine eigene Meinung dazu.
Meine Antwort auf die Frage, ob die Pelikan M1000 Feder butterweich schreibt, ist ein (vorerst) weniger zufriedenstellendes "Es hängt davon ab" :) Wovon hängt es denn nun ab?
Um eine gut fließende Überleitung zu meinen nächsten Inhalten zu bewerkstelligen, formuliere ich diese Frage um. Nämlich frage ich "Was macht die Feder des Pelikan Souverän M1000 so einzigartig"?
Eine 18k Goldfeder:
Einige wichtige Eigenschaften einer Goldfeder, sind ihr Widerstand gegen Korrosion, Oxidation und Säure. Dadurch gewährleisten Goldfedern eine längere Lebensdauer in Bezug auf äußere Einwirkungen. Hier muss man einwenden, dass eine 18 Karat Goldfeder "nur" zu 75% aus Gold besteht, und somit auch keinen 100% Schutz vor äußeren Einwirkungen bietet. Die restlichen 25% der Legierung bestehen aus anderen Metallen wie Silber, Kupfer, Nickel oder Palladium. Ob Füller-Federn eine zusätzliche Schutzschicht gegen Korrosion usw. haben weiß ich nicht, hier soll man mich bitte nicht festnageln.
Doch kommen wir nun zu einer tatsächlich interessanten Eigenschaft von Gold. Nämlich ihrer Flexibilität. Wenn ich versuche der Frage auf den Grund zu gehen, wieso Gold flexibel ist, dann spuckt mir Google Antworten über die Atomstruktur und Bindungsstärke von Atomen aus, die in Gold enthalten sind...deshalb nehmen wir hier einfachheitshalber zur Kenntnis, dass Personen, die deutlich klüger sind als ich, diese Frage bereits beantwortet haben 😊Wir nehmen es als gegeben, dass Gold flexibler ist als Stahl. Nicht jede Goldfeder ist gleich flexibel. Der Grad der Flexibilität hängt dann auch stark von Goldgehalt und der Federform ab (hierzu später mehr). Nichtsdestotrotz,, der erste und wichtigste Grundstein für die Antwort auf die Frage "Was macht die Feder des Pelikan Souverän M1000 so einzigartig"? ist diese Flexibilität des Materials, nämlich des Goldes.
Eine lange und schlanke Feder:

In diesem Kapitel vergleichen wir die Dimensionen der Pelikan M1000 Feder mit denen des Montblanc 149. Die Pelikan M1000 Feder hat eine Gesamtlänge von 40 mm. Dies ist die gleiche Länge der Feder des Montblanc Meisterstück 149. Doch die Feder des Pelikan M1000 steht weiter hervor, als die des Montblanc 149, und ist schlanker.
Was macht das für die Eigenschaft der Pelikan M1000 Feder aus? Eine längere Fläche wird im Allgemeinen leichter biegbar sein als eine kürzere Fläche und eine breitere Fläche kann sich mehr wie ein breiterer Balken verhalten, der insgesamt steifer ist. Die nicht eingespannte Fläche der Pelikan M1000 Feder ist um 1 mm länger und um 1 mm schlanker als die des Montblanc 149.
Beachtet man hier noch, dass die längere und schlankere Feder am "Breather-Hole" nochmal in die Hälfte geteilt wird, um die Schenkel zu formen, dann verstärkt sich diese Biegbarkeit noch.
Wenn wir den Montblanc 149 aus dieser Gleichung nehmen, bleiben die Fakten...der Pelikan Souverän M1000 hat eine lange und schlanke Feder, somit auch lange und schlanke Schenkel, die ziemlich leicht biegbar sind.
Das einzigartige Schreibgefühl:
Was macht die Schreibeigenschaften des Pelikan M1000 also so einzigartig? Es ist die Kombination aus dem Material, 18k Gold, und den Dimensionen der Feder. Diese Umstände führen dazu, dass die Feder bei bereits leichter Berührung mit dem Papier die Schenkel aufmacht und ziemlich viel Tinte auf das Papier gelangt. Bei stärkerem Druck gehen die Schenkel natürlich noch weiter auf. Dieser Prozess fühlt sich beim Pelikan M1000 nicht "ungesund" an. Während man bei anderen Federn den Druck nicht weiter erhöht, weil sich der wahrgenommene Widerstand einfach zu stark anfühlt, traut man sich beim Pelikan M1000 noch etwas fester aufzudrücken, denn die Schenkel machen mit. Spielt der Schliff auch eine Rolle? Nein. Der Schliff des Pelikan M1000 hat keine besonderen Eigenschaften und sieht so aus wie auf anderen Füllern.
Und nun das Thema aller Themen... das geschmeidige Schreibgefühl:
Schreibt der Pelikan M1000 geschmeidiger als andere Füller? Es hängt von der Federbreite ab!
Die flexible Eigenschaft der Feder erlaubt es ihr, sich der Handhaltung anzupassen.

Dadurch liegen beide Seites des Federkorns zum gleichen Ausmaß am Papier auf, selbst bei Schräglage, welche im Schreibfluss oft unausweichlich vorkommt.
Allerdings führt ihre Flexibilität auch dazu, dass die Schenkel beim Aufdrücken weit auseinander gehen. Dies wiederum führt dazu, dass die beiden Seiten des Federnkorns keine "Einheit" am Papier bilden, sondern 2, voneinander getrennte, Körner sind.
Was bedeutet das für die Geschmeidigkeit der Feder?
Bei einem breiten Schliff (Im Bild "B Feder") ist der Pelikan Souverän M1000 tatsächlich ein sehr geschmeidiger Füller. Dies liegt daran,
dass, eine Seite des Korns bereits breit genug ist, um geschmeidig zu sein
dass, die Seite des Federkorns, die niedriger ist (Schenkel 1) nicht mit der scharfen Innenkante auf das Papier kommt.
dass der Tintenfluss sehr hoch ist und dadurch eine Art "Aquaplaning" hervorruft.
Bei einem feinen Schliff (Im Bild "EF Feder") sieht das ganze aber schon anders aus. Diese Schliffe sind auf Pelikan M1000 oft kratziger als auf anderen Goldfedern oder Stahlfedern. Wieso?
Die 2 Seiten des Korns trennen sich durch die Flexibilität weit voneinander. Somit hat man 2 einzelne, scharfe Körner, die auf das Papier kommen.
In Schräglage (welcher unvermeidlich ist) liegt der tiefere Schenkel (Schenkel 1) mit der scharfen Innenseite am Papier an, was zu Kratzen führt. Dieser Schenkel hat bei flexiblen Federn engeren Kontakt mit dem Papier, als bei starren Federn.
Nachdem ich inzwischen doch einige Federn geschliffen habe, ist dies eine Beobachtung, die ich jedes mal beim Pelikan Souverän M1000 gemacht habe. Bevor ich meinen Kund/innen eine EF Feder an ihren 1000er Schleife, erkläre ich erstmal dieses Risiko.
...und die Moral der Geschicht'
...dicke Federn kratzen nicht.
Beim M1000 schreiben dicke Federn sogar oftmals geschmeidiger als andere Federn. Dies liegt am breiten Korn, Anpassung des Korns an das Papier dank Flexibilität & Aquaplaning dank flacher Schreibfläche und hohem Tintenfluss.
Dünne Federn allerdings sind beim M1000 oft kratziger als bei starren Federn. Dies liegt am höheren Abstand zwischen den scharfen Federkörnern durch Flexibilität und an der scharfen Innenseite eines Korns, welches in Schräglage am Papier kratzt.
Ich hoffe, ich konnte etwas Einsicht gewähren. Ich berichte hier nur aus meiner eigenen Erfahrung als Nib-Dienstleister (ich möchte mir nicht selbst den Meister-Titel geben, den kriegt man durch andere). Ich lasse mich gerne eines besseren belehren, doch dieser lange Text entstammt einer Vielzahl von Erfahrungen mit Pelikan M1000's, in der es selten Ausnahmen gab.
LG
ML NibWorX
Mislav Lukacevic







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